Bedeutung des Schutzprojektes

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war es in Deutschland noch möglich auf Großtrappen-Jagd zu gehen. Heute zählt die Wildart zu den am stärksten gefährdeten Arten Deutschlands und ist aus diesem Grund ganzjährig mit einer Schonzeit versehen. Mitte der 1990er Jahre stand die Großtrappe kurz davor, in Deutschland auszusterben. Intensiven Schutzbemühungen und künstlicher Bestandesstützung ist es zu verdanken, dass der Bestand heute wieder 165 Vögel (März 2014) zählt.

Die Großtrappe zählt sogar weltweit zu den gefährdeten Arten. Der intensive Schutz der Vögel und ihrer Lebensräume ist deshalb auch von internationaler Bedeutung. Mehrere internationale Rechtsverpflichtungen, wie z.B. die EU-Richtlinie über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (Richtlinie 79/409/EWG) und das im Rahmen der Bonner Konvention von der Bundesregierung unterzeichnete „Memorandum of Understanding on the Conservation and Management of the Great Bustard“ untermauern die Verantwortung für den Erhalt der Großtrappe für künftige Generationen.

Das südlich von Genthin und nördlich von Ziesar gelegene EU-Vogelschutzgebiet Fiener Bruch und Umgebung ist neben den Belziger Landschaftswiesen und dem Havelländischen Luch in Brandenburg eines letzten drei Großtrappen-Areale, die in Deutschland erhalten werden konnten. Wie im gesamten Verbreitungsgebiet nahm die Großtrappe in den folgenden Jahrzehnten auch hier deutlich ab. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft und eine deutliche Zunahme der Prädatoren seit den 1990er Jahren veränderten sich die Lebensraumbedingungen gravierend zum Nachteil der Vogelart.

Im heutigen Land Sachsen-Anhalt lag der Großtrappenbestand bei der Zählung in den Jahren 1939/40 noch bei 885 Vögeln (WATZKE & FISCHER 2014). Für die Jahre 1994/95 gibt DORNBUSCH (1996) für Sachsen-Anhalt nur noch 15 bis 20 Tiere an, die sich auf die Einstandsgebiete Zerbster Land, Magdeburger Börde, Fiener Bruch und Trüben verteilten. Im Jahr 2001 hat das Restvorkommen Sachsen-Anhalts im Fiener Bruch mit nur noch 5 Großtrappen einen absoluten Tiefpunkt erreicht (LITZBARSKI et al. 2011). Mit Unterstützung der Umweltministerien der Länder Sachsen-Anhalt und Brandenburg und des Landkreises Jerichower Land ist es dem Förderverein Großtrappenschutz e.V. gelungen, die dortige Großtrappen-Gruppe wieder auf 53 Tiere (März 2014) zu bringen.

Neben der Großtrappe kommen im Fiener Bruch weitere stark bedrohte Wiesenbrüterarten wie z.B. Großer Brachvogel, Sumpfohreule, und Kiebitz vor, die von der Schutzarbeit des Fördervereines Großtrappenschutz e.V. ebenfalls profitieren. Umso bedeutungsvoller ist es, das Schutzprojekt Großtrappe im Fiener Bruch langfristig finanziell abzusichern.

Bisheriger Projektträger

Träger des aktuell laufenden Schutzprojektes zum Erhalt der Großtrappe in Sachsen-Anhalt ist der Förderverein Großtrappenschutz e.V.. Im Zeitraum von 2009 bis 2014 stellte das Land dem Förderverein Großtrappenschutz e.V. zur Durchführung des Projektes im Fiener Bruch jährlich finanzielle Mittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfond (ELER) zur Verfügung.

Der Förderverein arbeitet gemeinnützig und ist in seinen Projekten auf die Unterstützung von Sponsoren und Fördermittel angewiesen. Der Förderverein Großtrappenschutz e.V. hat seinen Hauptsitz im Brandenburger Großtrappengebiet Havelländisches Luch in Buckow bei Nennhausen. Eine Geschäftsstelle in Sachsen-Anhalt wurde auf dem im Fiener Bruch gelegenen Königsroder Hof eröffnet.

Aktuelle Finanzierungsproblematik

Durch den verzögerten Übergang der Europäischen Union in die kommende Agrarförderperiode sieht sich das Land Sachsen-Anhalt dazu gezwungen, die Zahlung der Mittel an den Förderverein Großtrappenschutz e.V. ab Oktober 2014 auf unbestimmte Zeit einzustellen. 

Das Schutzprojekt steht mit dieser Finanzierungslücke vor dem Aus. Der Förderverein ist nicht dazu in der Lage die Finanzierung der Schutzmaßnahmen und Projektstellen zu übernehmen, um das Projekt im Fiener Bruch fortführen zu können. Die jährlichen Kosten des Schutzprojektes belaufen sich auf ca. 160.000€ im Jahr.

Für einen erfolgreichen Artenschutz im Fiener Bruch ist eine langfristige finanzielle Absicherung der Schutzmaßnahmen und Projektstellen unbedingt erforderlich. Zahlreiche Schutzmaßnahmen, die bisher umgesetzt werden, können jedoch nur dann weiterhin ihre Erfolge zeigen, wenn sie dauerhaft und mit gleicher Intensität fortgeführt werden. Das umfassende Prädatorenmanagement zur Steigerung des Bruterfolgs der Bodenbrüter ist eines der Beispiele dafür. Auch die Etablierung einer zielartenorientierten Landwirtschaft fordert die langfristige Bereitstellung der Maßnahmenbetreuung und Finanzierung.

Würden die Aktivitäten im Oktober 2014 eingestellt werden, hätte dass sogar eine
rückläufige Entwicklung zur Folge.

Zielsetzung und bisherige Erfolge des Schutzprojektes

Das Ziel des Schutzprojektes ist die Erhaltung der Großtrappe als Brutvogel in einer faunistisch und floristisch artenreichen Kulturlandschaft. Um dieses Ziel zu erreichen, etablierte der Förderverein Großtrappenschutz e.V. unter Verwendung der bereits gestellten EU-Mittel ein umfassendes Schutzprojekt im Fiener Bruch. Der Förderverein setzt dabei auf die Zusammenarbeit mit den örtlichen Landwirtschaftsbetrieben und Jägern.

Um den geringen Großtrappenbestand erst einmal künstlich zu stützen, führte der Förderverein im Rahmen des Schutzprojektes seit 2011 jährlich die Auswilderung von Jungtrappen ins Fiener Bruch durch. Die Vögel entstammen der Brut- und Aufzuchtstation der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburgs. Die Auswilderung erwies sich als sehr erfolgreiche Methode, um die Zahl der Vögel kurzfristig zu steigern. Waren es im Jahr 2011 noch 17 Großtrappen, die im Fiener Bruch gezählt wurden, bestand die Fortpflanzungsgemeinschaft im Jahr 2013 bereits aus 37 Vögeln. Darunter
befanden sich mindestens 16 potentiell brutfähige Hennen, die zukünftig zu einer Steigerung der Nachwuchsrate beitragen können.

Mit der Umsetzung verschiedener Maßnahmen zur Wiederherstellung eines artgerechten Lebensraumes ist es gelungen, die Habitat-Bedingungen für die Großtrappen und weitere Bodenbrüter in einigen Bereichen des Fiener Bruch bereits zu verbessern. Durch die Absprache von Mahdterminen, das Absuchen von Flächen vor der Mahd und die Einrichtung von Nestschutzzonen, sind die Verluste durch landwirtschaftliche Arbeiten mittlerweile seltener geworden.

Da sich gezeigt hat, dass die stark ansteigende Zahl generalistischer Beutegreifer es unmöglich macht, die Großtrappe alleine durch Maßnahmen zur Habitat-Optimierung zu fördern, ist seit 2011 ein umfassendes Prädatorenmanagement Bestandteil des Schutzprojektes. Gemeinsam mit der lokalen Jägerschaft wird im Fiener Bruch das Raubwild zu Gunsten der Bodenbrüter seither intensiv mit der Falle bejagt. Mit Hilfe eines Fallennetzes von knapp 120 Fallen und einer flächigen Bejagung der Baue wird die Raubwilddichte im Großtrappenlebensraum vor Beginn der Brutzeit um ein  mögliches reduziert.

In Zukunft muss nun nachhaltig dafür gesorgt werden, dass sich bei den Großtrappen im Fiener Bruch eine Nachwuchsrate einstellen kann, die den Bestand zu erhalten vermag. Hierzu muss der steigenden Anzahl fortpflanzungsfähiger Großtrappenhennen zukünftig die Möglichkeit geschaffen werden, erfolgreich im Freiland zu brüten und die Jungen aufzuziehen. Dazu ist eine lückenlose Fortführung der Schutzarbeit gemeinsam mit den örtlichen Agrarbetrieben und Jägern dringend erforderlich.

Bisherige Schwerpunkte des Schutzprojektes

• Regelmäßiges, ganzjährige Erfassung der Flächennutzung von Großtrappen im Fiener Bruch und der näheren Umgebung.
• Analyse der Flächennutzung auf der Grundlage der Kartierungsergebnisse zur Darstellung bevorzugter Balz-, Fortpflanzungs- und Überwinterungsareale und des Jahreslebensraumes.
• Erfassung der Bestandsentwicklung der Großtrappen-Gruppe im Fiener Bruch.
• Ausarbeitung und Umsetzung von Maßnahmen zur Optimierung des Großtrappen-Habitats in Zusammenarbeit mit den Landwirten, der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Jerichower Land und dem Amt für Landwirtschaft.
• Verbesserung des Lebensraumes der Großtrappen durch Wiederherstellung der
Offenlandschaft durch Fällungen von Altpappelreihen.
• Gelege- und Kükenschutz während der Flächenbewirtschaftung in Abstimmung mit den
Landwirten und der Unteren Naturschutzbehörde.
• Grünlandaufwertung im Brutareal durch Wildkräutersaaten
• Analyse des Futterangebotes für Trappenküken mit einer Erfassung der Arthropoden-
Bestände als Maßnahme zur Erfolgskontrolle eingeleiteter Gestaltungsmaßnahmen.
• Bestandsstützung durch Auswilderung von Jungtrappen ins Fiener Bruch
• Reduzierung von Gelege- und Kükenverlusten durch intensive Raubwildbejagung,
insbesondere mit dem Einsatz von Fangsystemen
• Aufbereitung und Präsentation der gewonnenen Daten für die Öffentlichkeit
• Pressearbeit

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